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MANIFESTO × ARTISTS

MANIFEST × ARTISTS

Das FREITAG Manifest ist der Leitfaden, nach dem wir denken und handeln. Da wir immer wieder versuchen, die siebeneinhalb Punkte anders zu vermitteln, haben wir verschiedene Künstlerinnen gebeten, je einen Punkt des Manifests zu interpretieren und frei zu illustrieren.

Das Manifest ist ein Plädoyer für bewusstes, sinnvolles Produzieren und Konsumieren in unserer Zeit. Es entstand anlässlich der FREITAG Ausstellung “ad Absurdum” der Freitag-Brüder zusammen mit den Riklin-Zwillingen im Lausanner Designmuseum mudac.

Und weil vier Männer als Autoren mindestens zwei zu viel sind, haben wir acht Künstlerinnen und Gestalterinnen* gebeten, die acht Punkte des «FREITAG Manifesto» und ihre ganz individuelle Sicht darauf zu bebildern.

*Ja, genau, Künstlerinnen und Gestalterinnen ohne Asterisk.

#1 WE KEEP STUFF IN CLOSED CYCLES

Von Jisu Choi

WAS BEDEUTET GUTES DESIGN FÜR DICH, JISU?
Vielleicht ist das ein Klischee, aber mir gefallen Designs, die die Funktionalität in den Vordergrund stellen. Andererseits arbeite ich vorrangig mit visuellen Elementen; das Ästhetische ist mir also meist wichtiger als die Funktion.

IN UNSEREM MANIFEST BEZIEHEN WIR UNS AUF DIE IDEE GESCHLOSSENER PRODUKTKREISLÄUFE: «WE KEEP STUFF IN CLOSED CYCLES.» WIE STEHST DU PERSÖNLICH DAZU, UND WAS BEDEUTET DAS FÜR DICH IM DESIGNKONTEXT?
Ich sehe mich als kreativ Schaffende. Also trage ich letztendlich selbst zu einem System bei, das ständig Neues produziert. Doch in den letzten paar Jahren ist mir zunehmend bewusst geworden, dass das Herstellen und Konsumieren von Gütern zu einfach ist. Und diese Erkenntnis beunruhigt mich in vielerlei Hinsicht. Die Arbeit mit euch hat mich ein wenig von diesen Sorgen befreit und mir die Gelegenheit gegeben, diese Botschaft mit anderen zu teilen.

KANNST DU UNS MEHR DAZU ERZÄHLEN, WELCHE GESCHICHTE HINTER DEINER ILLUSTRATION STECKT?
Ich hatte ganz klar eine Botschaft vor Augen, die ich zum Ausdruck bringen wollte. Wir haben allen Grund zur Beunruhigung. Schliesslich könnte jetzt unsere letzte Chance sein, etwas Bedeutsames zu tun. «Das Ende ist nah!» So würde ich es zwar nicht ausdrücken, denn für mich klingt das zu sehr nach Religion oder Sekte. Aber dass so etwas wie ein «Ende» kommt, ist klar. Und leider habe ich das Gefühl, dass wir uns widerstandslos mit dem Gedanken an dieses Ende abfinden.

WAS VERBIRGT SICH HINTER DER TÜR?
Nichts. Da ist keine andere Option.

Artwork by Jisu Choi

Über den Künstler

Jisu Choi ist Künstlerin und Illustratorin und lebt in Seoul.

Kontakt: jisuchoi.poly@gmail.com

Instagram: @jisuchoi.poly

#2 WE ONLY OWN OBJECTS THAT LAST

Von Patsachon Toyingpaiboon

KÖNNTEST DU EIN PAAR SÄTZE ZU DIR SELBST SAGEN?
Ich heisse Patsachon und bin in Bangkok in Thailand geboren und dort auch aufgewachsen. Seit 2019 lebe ich in Deutschland, wo ich mein Studium weiterführe.

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR DICH AUS?
Es muss schlicht sein und eine sinnvolle Funktion haben.

KANNST DU UNS MEHR ZUR GESCHICHTE HINTER DEINER ILLUSTRATION ERZÄHLEN?
Die Illustration hat etwas Klares und Direktes. Ich mag keine komplizierten Dinge. Das einzige Komplizierte an der Illustration sind wahrscheinlich diese Texturen. Ich habe unterschiedliches Papier aus meinem Vorrat an Papierabfall* benutzt und mit Aceton experimentiert, um ein paar Texturen zu kreieren. Aceton ist mein Lieblingsmaterial, wie man an der zerkratzten Textur der Formen, an weiterer unregelmässiger Rahmentextur im Hintergrund und auch an der Typografie sieht.

*Vorrat an Papierabfall = ungebrauchtes Seidenpapier, Papiersäcke von Bücherläden, bereits benutztes Schleifpapier usw., das ich sammle.

WAS IST DAS DAUERHAFTESTE OBJEKT, DAS DU BESITZT?
Eine Jeansjacke meiner Grossmutter.

WAS BEDEUTET «NACHHALTIG» FÜR DICH?
Verlässlichkeit.

Artwork by Patsachon

Über den Künstler

Die Grafikerin und Illustratorin Patsachon Toyingpaiboon ist in Bangkok aufgewachsen und lebt, arbeitet und studiert seit einigen Jahren in Deutschland. Für die Interpretation des zweiten FREITAG Manifesto-Punktes hat sie ihre persönliche Altpapiersammlung geplündert und das daraus entstandene Artwork einer physischen Prüfung unterzogen, damit es der Aussage auch gerecht wird.

Kontakt: patsachon.to@gmail.com

Instagram: @patsachon

#3 WE REPAIR

Von Sayuri Nishikubo

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR DICH AUS?
Es ist innovativ, funktional und ressourcenschonend.

WELCHER ASPEKT DER KONSUMGESELLSCHAFT MACHT DIR AM MEISTEN SORGEN?
Die Tatsache, dass sie die nächste Generation einer intakten, natürlichen Umgebung beraubt.

BITTE ERZÄHL UNS, WAS DICH MIT DEM «WE REPAIR»-PRINZIP IN UNSEREM MANIFESTO VERBINDET.
Ich wuchs auf dem Land auf, wo es nicht viel mehr gab als Natur. Es war daher normal für uns, Dinge zu reparieren und sie weiterzuverwenden. Ich fand euer «Repair»-Credo interessant, weil es etwas mit «mottainai» gemeinsam hat, einem Ausdruck, den man im alten Japan oft hörte und der so viel bedeutet wie «Was für eine Verschwendung!».

#3 WE REPAIR

Über den Künstler

Sayuri Nishikubo ist auf dem Land aufgewachsen und lebt und arbeitet heute als Grafikerin und Illustratorin in der Metropole Tokyo. Sie schafft es, die Dinge mit ganz wenig ganz genau auf den Punkt zu bringen. Verschwendung ist also nicht ihre Sache, Langlebigkeit und Konzentration auf das Wesentliche dafür umso mehr.

Kontakt: sayurinishikubo@gmail.com

Instagram: @sayurinishikubo

#4 WE BELIEVE IN SYSTEMS DESIGNED FOR COMPATIBILITY

Von Tereza & Vit Ruller

KÖNNTET IHR EUCH IN EIN PAAR SÄTZEN VORSTELLEN?
Hallo, wir sind The Rodina, ein in Amsterdam ansässiges Studio für Kommunikationsdesign. In unserer Arbeit erforschen wir die räumlichen und interaktiven Möglichkeiten virtueller Umgebungen. So entstehen neue Gedanken und eine neue Ästhetik, irgendwo zwischen Kultur und Technologie.

Man könnte unsere Arbeit auch als experimentell bezeichnen, denn wir nutzen meist Strategien aus der Performancekunst, des Spiels und der Subversion. Wir lieben es, ein schillerndes Spektrum an Bedeutungsebenen zu schaffen, die sich über, unter und jenseits der Oberfläche des Designs befinden.

WAS IST FÜR EUCH GUTES DESIGN?
Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort, ausser vielleicht: Design, das niemandem schadet. Design, das die Menschen neugierig macht, sie zum Handeln, Erforschen und Spielen anregt.

BITTE ERZÄHLT UNS ETWAS ÜBER EURE AUSEINANDERSETZUNG MIT UNSEREM MANIFESTPUNKT «WIR GLAUBEN AN SYSTEME, DIE AUF KOMPATIBILITÄT AUSGELEGT SIND» UND WAS DAS THEMA (IM KONTEXT VON DESIGN) FÜR EUCH BEDEUTET.
Da wir selbst in irdische, menschliche und nichtmenschliche Strukturen eingebettet sind, ist es doch wunderschön, dass Dinge und Körper gut miteinander koexistieren können. Diese Idee der Kompatibilität ist für uns einfach spannend. Stellt euch zwei Dinge vor, die sich voneinander unterscheiden und dennoch zusammen funktionieren und sich ergänzen.

Speziell für das Manifest haben wir uns Oberflächen, Reissverschlüsse und andere Verbindungspunkte von FREITAG Produkten angesehen, die unserem Online-Videospiel eine aufregende Ästhetik verleihen.

Das Spiel, das ihr hier spielen könnt, zeigt eine visuelle Welt, die vollständig aus den einzigartigen Oberflächen von FREITAG Taschen, die wir gesammelt haben, besteht. Diese manifestieren die Konzepte der Kompatibilität und Nachhaltigkeit als wichtige Themen unserer Zeit.

WAS IST DIE WICHTIGSTE SACHE (ODER DAS WICHTIGSTE SYSTEM), DAS AUF KOMPATIBILITÄT AUSGELEGT SEIN SOLLTE, ABER ES NOCH NICHT IST?
Ein besseres Bildungssystem - kostenlos für alle, vollständig von der Regierung unterstützt, wirklich akademisch, herausgelöst aus dem Besitz von Privatunternehmen.

WAS STÖRT EUCH AM MEISTEN AN DER KONSUMGESELLSCHAFT?
Dass wir eine sind - wir alle. Dieser unbedachte Lebensstil hat viele Ausprägungen und katastrophale Auswirkungen. Es fängt schon tragisch an, denn der Konsumismus erlaubt es Regierungen und Unternehmen, knappe Ressourcen aus der oberen Kruste unseres Planeten zu extrahieren - während er auf menschlicher Ebene unterbezahlte Arbeiter*innen ausbeutet, um minderwertige Produkte herzustellen. Vorstellungskraft und Kreativität gehen verloren, weil wir einfach alles kaufen können. Wir lassen uns vom Design verführen – von schönen Oberflächen.

Warum kümmern wir uns nicht darum, unsere geliebten Gegenstände zu reparieren? Wie kommt es, dass wir die absichtlich herbeigeführte Obsoleszenz von Geräten, die eigentlich ein langes Leben hätten haben sollen, einfach hinnehmen?

Ausserdem verlieren wir den Überblick darüber, wie viel Plastik oder Lithium in unseren Haushalten verbraucht wird. Und dies führt dazu, dass die am meisten gefährdeten Gebiete unseres Planeten mit noch mehr Müll überschwemmt werden.

WAS WÄRE FÜR EUCH EIN INTERESSANTER PUNKT FÜR DAS FREITAG MANIFEST?
«Our design cares and loves.»

WIE ARBEITET IHR ZUSAMMEN? WIE SIEHT EUER DESIGNPROZESS ALS DUO AUS? ODER: WIE KOMPATIBEL SEID IHR IN EURER DESIGNARBEIT?
Wir sind superkompatibel, weil wir selten einer Meinung sind - und das ist natürlich gut so. Wir ergänzen uns. Das führt nicht zu Konflikten, sondern zu einem kritischen Prozess. Wir diskutieren und reflektieren viel, während wir an unseren Projekten arbeiten.

Dabei ergeben sich oft neue Wege, und wir finden so spannendere und wirkungsvollere Designansätze. In einem solchen kreativen Prozess legen wir Wert auf Verspieltheit und Neugierde.

Artwortk by Tereza and Vit Ruller

Über den Künstler

Tereza & Vit Ruller

Online-Spiel: freitag.therodina.com

Website: therodina.com

Kontakt: tereza@therodina.com, vit@therodina.com

Instagram: @therodina

#5 WE PREFER ACCESS OVER OWNERSHIP

Von Giliane Cachin

KÖNNTEST DU DICH IN EIN PAAR SÄTZEN VORSTELLEN?
Ich bin 1990 in Morges geboren und in Lausanne aufgewachsen. Als Studienrichtung habe ich mich für den künstlerischen Bereich entschieden. Meine Lehre startete mit einem Vorbereitungsjahr an der CEPV Vevey. Dort lernte ich Grafikdesign und vertiefte dieses Fach im darauffolgenden Jahr in Genf. Danach kehrte ich nach Lausanne zurück, um an der ECAL Grafikdesign zu studieren. Im Anschluss habe ich bei NORM gearbeitet, später bei der Schriftgiesserei Lineto und im Designstudio von dessen Gründer Cornel Windlin, bevor ich mich dazu entschieden habe, mich selbständig zu machen.

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR DICH AUS?
Bei dem, was mich am Grafikdesign besonders interessiert und inspiriert, geht es immer um Akribie: die Visualisierungen auf Reisepässen, Architekturpläne, Banknoten, Landkarten, Fahrtenschreiber, Enzyklopädien und Ähnliches. Ein Rastersystem zu erstellen, welches es ermöglicht, eine grosse Menge an Informationen und Inhalten klar und verständlich darzustellen – das ist meiner Meinung nach einer der Grundpfeiler von gutem Design.

ERZÄHLE UNS DOCH BITTE MEHR DARÜBER, WIE DU DICH MIT UNSEREM MANIFESTPUNKT «ACCESS OVER OWNERSHIP» AUSEINANDERGESETZT HAST UND WAS DIESER (IM DESIGNKONTEXT) FÜR DICH BEDEUTET.
Obwohl ich mich entschieden habe, allein zu arbeiten, glaube ich an den Gedanken der Zusammenarbeit und daran, Ideen zu teilen. Man sollte sich nicht in Konflikte verwickeln, um Ideen als Eigentum zu beanspruchen, sondern vielmehr eigene Projekte entwickeln. Diese Projekte können durch Diskussionen mit Freunden entstehen, deren Arbeit man respektiert, um Meinungen auszutauschen und Referenzpunkte zu teilen. In gewisser Weise erinnert mich der materielle Ansatz, ein Objekt zu teilen, anstatt es zu besitzen, an diese Arbeitsweise.

WAS BESITZT DU, DAS DU GERNE MIT ANDEREN TEILEN WÜRDEST?
Bücher, Recherchen, mein Zuhause

WAS STÖRT DICH AN DER KONSUMGESELLSCHAFT AM MEISTEN?
Es stört mich, dass wir Arbeitsbedingungen, welche bei einigen Marken herrschen, nicht mehr hinterfragen oder diese sogar willentlich ignorieren, obwohl diese aus den Medien bekannt sind.

WAS WÄRE DEINER MEINUNG NACH EIN INTERESSANTER NEUNTER PUNKT IN UNSEREM MANIFEST?
Ein zusätzlicher Punkt, der die Bedeutung und den Wert der Zusammenarbeit unterstreicht.

Artwork by GILIANE CACHIN

Über den Künstler

Die Gestalterin Giliane Cachin ist in der Waadt aufgewachsen und hat an einer unserer Lieblingsuniversitäten, der ECAL in Lausanne, studiert. Heute unterrichtet sie dort und lebt und arbeitet als freie Gestalterin in Zürich. Für uns hat sie den fünften Punkt des FREITAG Manifests, «We prefer access over ownership», zuerst einmal auseinandergenommen, ihn in seine Teilaspekte wie Netzwerk, Teilen, Vielfältigkeit und Beziehungen zerlegt und uns dann mit ihrer visuellen Interpretation davon einen ganz neuen Zugang verschafft.

Contact: Giliane Cachin

Instagram: @gilianecachin

#6 WE PAY FOR RESULTS NOT RESOURCES

Von Aurane Loury und Marielle Nils

WER SEID IHR?
Wir sind Aurane und Marielle. Wir sind zwei französische Designerinnen und erkunden verschiedene Bereiche, die mehr oder weniger mit Praktiken des Grafikdesigns zu tun haben.

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR EUCH AUS?
Es geht darum, den Ball nach dem Abprall zu fangen ...

WIE FUNKTIONIERT EURE ZUSAMMENARBEIT? WER MACHT WAS UND WARUM?
… du bewegst dich dorthin. Ich reagiere hier. Du fügst hinzu. Wir schaffen gemeinsam. Schau dir mal das Gericht an! Das haben wir zusammen gekocht ...

BITTE ERZÄHLT UNS ETWAS DARÜBER, WIE IHR EUCH MIT DEM LEITSATZ «WE PAY FOR RESULTS NOT RESOURCES» AUS UNSEREM MANIFEST AUSEINANDERGESETZT HABT.
… wir nahmen, was wir zu Hause hatten. Was wir von Freunden bekamen. Was wir zufällig in unseren Schränken fanden. Wir haben abgemessen. Wir haben reduziert, sortiert und ausgewählt. Das Resultat ist mehr wert, als wir ausgegeben haben.

WIR WÜRDET IHR DIESEN PUNKT DES MANIFESTS IN EINEM DESIGNPROZESS ERKLÄREN?
Kommst du heute zu uns zum Abendessen?

VERSCHWENDET IHR MANCHMAL DINGE?
Wir haben zu viel Essen für uns beide. Wenn du vorbeikommst, könnte das eine schöne Gelegenheit sein, dich besser kennenzulernen. Wir hassen es, Essen zu verschwenden.

Artwork by AURANE LOURY AND MARIELLE NILS

Über den Künstler

Die Französinnen Aurane Loury und Marielle Nils bezeichnen sich als Designerinnen, die sich in verschiedenen Feldern rund um Grafikdesign herumtreiben.

Instagram: @auraneloury & @mariel.nils

#7 WE LOSE SPEED TO WIN TIME

Von Molly Dyson

KÖNNTEST DU EIN PAAR SÄTZE ZU DIR SELBST SAGEN?
Ich bin Molly Dyson, und ich arbeite momentan als Illustratorin und Grafikdesignerin in Berlin, komme aber ursprünglich aus Australien. In meiner Arbeit vermische ich nostalgische LoFi-Ästhetik mit digitaler Grafik und Typografie.

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR DICH AUS?
Das ist eine schwierige Frage. Ich mag Design, das etwas ausdrücklich Menschliches an sich hat. Mich zieht’s zu Design hin, das ausdrucksstark, emotional oder albern ist oder das eine Geschichte darüber erzählt, warum es so ist.

ERZÄHLE UNS DOCH BITTE MEHR DARÜBER, WIE DU DICH MIT DER FORDERUNG «WE LOSE SPEED TO WIN TIME» AUS UNSEREM MANIFEST AUSEINANDERGESETZT HAST UND WAS DIR DIESES KONZEPT (IM DESIGNKONTEXT) BEDEUTET.
Ich vergesse beim Arbeiten häufig komplett die Zeit, und wenn etwas nicht so klappt, wie ich es geplant hatte, fühlt es sich so an, als ob ich Zeit vergeuden würde. Als Designerin fällt es mir schwer, die Kontrolle darüber zu haben, wie viel Zeit ich mit meinen Projekten verbringe, und ich wünsche mir, schneller arbeiten und effizienter sein zu können.

Als ich mich mit der Forderung des Manifests auseinandergesetzt habe, fing ich an, darüber nachzudenken, wie lange ich brauche, um Dinge zu erledigen, und wie wir uns manchmal im Kreis drehen, um zu einem Endprodukt zu kommen. Für mich bedeutet «We lose speed to win time», dass man sich Prozessen hingibt, die nicht unbedingt effizient oder produktiv sind, einem am Ende jedoch ein Gefühl der Zufriedenheit und Erfüllung vermitteln.

WAS MACHST DU, UM DEINEN ALLTAG ZU ENTSCHLEUNIGEN?
Ich versuche – wahrscheinlich wie alle anderen auch -, weniger auf mein Smartphone zu schauen, aber ich bin ziemlich süchtig danach. Ein naheliegender Vorsatz für das neue Jahr wäre also, weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen. LOL!

Aber ganz im Ernst: Ein Buch zu lesen oder einfach mal ziellos aus dem Fenster zu schauen, kann eine gute Unterbrechung des hektischen Alltags sein. Wenn man fünf Minuten aus dem Fenster schaut, fühlt sich das viel länger an, als wenn man fünf Minuten lang ziellos auf dem Smartphone herumscrollt. Es fühlt sich also so an, als ob man Zeit gewinnen würde.

KANNST DU UNS MEHR ZUR GESCHICHTE HINTER DEINER ILLUSTRATION ERZÄHLEN?
Mein animiertes Poster wurde vom japanischen Designer Kōhei Sugiura inspiriert, der verschiedene Infografiken im Rahmen des Projekts «Time Distance Maps» erstellt hat. Mit diesen wurden Angaben wie die benötigte Zeit zum Durchqueren einer Stadt im Vergleich zur tatsächlich in der Stadt zurückgelegten Distanz verdeutlicht.

Mich interessierte, wie diese vergänglichen Konzepte der Zeit und der Geschwindigkeit visuell dargestellt werden können. Seit dem Beginn der COVID-Pandemie und während der verschiedenen Lockdowns konnten wir wohl alle eine Veränderung unserer Wahrnehmung der Zeit feststellen. Die Konzepte der Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart wurden eher schwammig: Die Vergangenheit oder das, was zuvor war, fühlt sich sehr weit weg an, und es ist schwierig, Erwartungen an die Zukunft zu stellen.

Mein Design stützt sich auf das Motiv der Spirale, die sich langsam bewegende Schnecke, Wurmlöcher und eine Art Schleife des Raum-Zeit-Kontinuums. Die Animationen schweben zwischen den Wörtern, die wir verwenden, um Zeit und Geschwindigkeit zu beschreiben: vorher und nachher, bald und später, jetzt und damals. Das gesamte Poster bildet eine Schleife und vermittelt ein Gefühl der Endlosigkeit.

WIE WICHTIG IST «ZEIT» FÜR DICH? / WIE SCHÄTZT DU DEN WERT DER ZEIT?
Sie ist äusserst wichtig für mich, aber ich versuche gleichzeitig, sie zu ignorieren. Ich lasse mir die Uhrzeit auf meinem Computer zum Beispiel analog und nicht als digitale Zahlen anzeigen. Wenn ich flüchtig auf den Bildschirm blicke, starren mir also keine Zahlen entgegen, die mich daran erinnern, dass 10, 20 oder 30 Minuten vergangen sind, und es stresst mich weniger.

Ich gebe mir Mühe, nicht auf mich selbst wütend zu sein, wenn ich «Zeit vergeude», und ich erinnere mich selbst daran, dass die Zeit sowieso vergeht, egal ob man sie wahrnimmt oder nicht.

Artwork by Molly Dyson

Über den Künstler

Die Künstlerin und Gestalterin Molly Dyson wurde in Australien geboren und verbringt ihre Zeit schon seit Längerem in Berlin. Für ihre Interpretation des siebten Manifestpunkts hat sie sich von den «Time Distance Maps» des japanischen Designers Kōhei Sugiura und den veränderten Zeiterfahrungen in den COVID-Lockdown-Zeiten inspirieren lassen.

#PS: HAPPINESS IS CYCLICAL

Von Wanqing Zhao

KÖNNTEST DU EIN PAAR SÄTZE ZU DIR SELBST SAGEN?
Ich heisse Wanqing Zhao und bin Grafikdesignerin. Ich bin in China aufgewachsen und absolvierte ein weiterführendes Studium an der University of the Arts London (UAL). 2017 gründete ich ein Designstudio in Shanghai zusammen mit Shao Nian und Lu Tao. Es heisst XYZ Lab.

WAS MACHT GUTES DESIGN FÜR DICH AUS?
Für Designerinnen und Designer gibt es so viele verschiedene Aspekte, um zu beurteilen, ob ein Design gut oder schlecht ist. Wenn es rein ums Empfinden geht, würde ich sagen: Gutes Design lebt, fesselt, ist nachhaltig und ehrlich.

BITTE ERZÄHL UNS ETWAS DARÜBER, WIE DU DICH MIT DEM PUNKT «P.S. HAPPINESS IS CYCLICAL» AUS UNSEREM MANIFEST AUSEINANDERGESETZT HAST.
Ich habe versucht, meine Interpretation direkt und einfach umzusetzen. Ich habe aus dem statischen «P.S.» ein Verb gemacht. Jedes Mal, wenn du das Klebeband benutzt, gibst du dem Objekt, auf das du es klebst, ein Postskriptum. Das Glück folgt also immer.

WIE WÜRDEST DU DIESEN PUNKT DES MANIFESTS IN EINEM DESIGNPROZESS ERKLÄREN?
Es wäre schön, Ideen oder sogar Fehler zu finden, die noch nicht verwendet wurden, damit sie wiederbelebt oder weiterentwickelt werden könnten. Das würde mich (und alle anderen Kreativen, so nehme ich an) wirklich glücklich machen.

WAS WÄRE DEINER MEINUNG NACH EIN INTERESSANTER NEUNTER PUNKT IN UNSEREM MANIFEST?
Ich denke, dass Nummer 8, «...», ein guter Punkt im Manifest ist, denn er lässt Platz für Neues.

WAS MACHT DICH GLÜCKLICH?
Lesen und Zeit mit meiner Familie zu verbringen.

WIE TRÄGST DU PERSÖNLICH ZUM KREISLAUF DES GLÜCKS BEI?
Ich habe das Klebeband «P.S. Happiness is cyclical» gerade einer Freundin gegeben.

MACHT DICH DER KONSUM EBENFALLS GLÜCKLICH?
Ja. Manchmal hat Konsum mit einer schönen Erfahrung zu tun und nicht nur mit Besitz. Konsum ist nicht der Gegenbegriff von Nachhaltigkeit.

Artwork by WANQING ZHAO

Über den Künstler

Zhao übersetzte den Manifestpunkt «P.S. Happiness is cyclical» in eine grafische Sprache, bei der ein sich drehender Pfeil den Kreislauf beschreibt. Zudem realisierte sie den «Kreislauf» der nachhaltigen Wirtschaft mit einem Dekoklebeband. Für die Produktion wählte Zhao bewusst ein nachhaltiges Material. Mit dem Klebeband kann man gebrauchte Kartonschachteln erneut verschliessen oder einen Blumentopf verzieren. Die Anwendungsmöglichkeiten sind unendlich. Zhao erhofft sich, dass so das Glück weitergegeben wird – unkompliziert und immer wieder.

Instagram: @wanqingzhao

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